Diese baulichen Veränderungen hatten Auswirkungen:
Die aktive Teilnahme der »Laien« (von griech. laós = Volk Gottes) tritt in den Hintergrund. Ihre Aufgaben übernimmt eine wachsende Zahl von Klerikern und von als Kleriker verkleideten Knaben (Messdienern). Die Gesänge des Volkes (Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Agnus Dei usw.) trägt stattdessen ein Sängerchor vor.
Die Klerikerliturgie
Die Folge: Die Messe wird zur Klerikerliturgie. Die wesentliche Form der Mitfeier seitens der Gläubigen besteht nun in der knienden Anbetung der Hostie und des konsekrierten Weins im Kelch bei der Wandlung und als Höhepunkt bei der Aussetzung des Allerheiligsten in der goldenen Monstranz. Die gesamte Architektur der Kirchen und die Aufstellung der Bänke werden auf das Schauen ausgerichtet. Der durch Stufen hervorgehobene Chorraum wirkt wie eine Bühne. Hier geschieht das Eigentliche. Die Gemeinde fungiert als eine Art Publikum.
Nach dem Konzil wurde vielerorts der Altar einfach »herumgedreht« oder sogenannte Volksaltäre vor den Hochaltar gestellt. Das Schauen richtete sich jetzt nicht mehr auf das Allerheiligste, sondern auf den Priester. Statt des gewünschten Miteinanders ergab sich eine Art »Konfrontierung«, ein mitunter nur schwer erträgliches ständiges Gegenüber.
Messfeier als Tisch-Gemeinschaft
Jesus hat aber beim Abendmahl eine Tisch-Gemeinschaft gestiftet. Deshalb geht die Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils (1963) nicht länger von der Mitfeier von aus der Ferne zuschauenden Gläubigen aus. Die Gemeinde soll sich mit dem Priester so versammeln, dass der im Wort und unter den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtige Herr den Mittelpunkt bildet. Durch die Aufwertung des Wortes Gottes in der Messfeier hat der Altar seine exklusive Stellung verloren, neben den »Tisch des Brotes« (Altar) ist der »Tisch des Wortes« (Ambo) getreten. Dieses tiefere Liturgieverständnis müsste sich eigentlich auch in der Raumgestaltung unserer Kirchen abzeichnen.
In der Heilig-Geist-Kapelle der Uniklinik ist ein mögliches Raumkonzept umgesetzt:
Die Ellipsenlösung
Die natürlichste Grundgestalt einer Versammlung ist die Ellipse. Gegenüber dem Kreis bietet sie den Vorteil, dass sich die Anwesenden nicht nur auf einen einzigen Mittelpunkt konzentrieren. In der Heilig-Geist-Kapelle sind die Sitze neuerdings nach Art eines Chorgestühls an den beiden Längsseiten des Innenraums angeordnet. Die Brennpunkte der Ellipse bilden der Ambo und der Altar. Der Priester geht zur Verkündigung des Evangeliums zum Ambo und zur Eucharistiefeier an den Altar. Während des Wortgottesdienstes wenden sich die Gläubigen zum Ambo, während der Eucharistie zum Altar. Es kommt Bewegung ins Spiel.
Wer Christus in der Messfeier begegnet, bleibt nicht ungerührt. Er verändert sich.